Einstieg

Wir, Martin Refle und Hans-Joachim Günther haben als Christen ein Buch geschrieben, das seit ein paar Wochen auf dem Markt ist.
Inhaltlich geht es bei „Die verzweifelte Hoffnung oder der Wille zur Veränderung“ um die aktuellen großen Krisen und das Bedürfnis nach mehr Schutz und der Suche nach einer Orientierungshilfe.
Grundlage des Inhaltes sind unter anderem persönliche Glaubenserfahrungen. Unsere Erklärungsversuche beruhen also nicht auf einer Fiktion, sondern gründen sich weitestgehend auf eigenen bitteren Erfahrungen und Erlebnissen. Deshalb haben wir das Buch auch in zwei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt überwiegt die politische, im zweiten die religiöse Betrachtung. Als kritische Christen bezeichnen wir uns als religiöse Menschen, die an eine evolutionäre Gottheit glauben. Die Religion ist dabei in unserem Buch als Kraftquelle zu verstehen, nicht als Ausschlusskriterium auch alle anderen Menschen erreichen zu wollen. Unsere Religiosität verleiht uns zwar Hoffnung, aber macht uns ebenfalls auf unsere ungeteilte Verantwortung aufmerksam. Deshalb haben wir der Thematik “ Freiheit und Gesetz “ eine große Bedeutung zu gesprochen, wir vertiefen diesen Gedanken im zweiten Abschnitt des Buches, denn die Beantwortung dieser Frage muss ein religiöses Fundament haben. Wird die menschliche Freiheit missverstanden als eine grenzenlose, kann unsere Freiheit nicht mit der Verantwortung verbunden werden, und auch das Gesetz bleibt ohne Freiheit lebensfeindlich und erstickt jede Form der Kreativität.

Es ist für uns selbstverständlich, beide Aspekte können nur lebensfreundlich interpretiert werden. Beide Aspekte sind also auszubalanzieren. Wenn dies gelingen soll, benötigen wir hierfür einen herrschaftsfreien Dialog, wie es Jürgen Habermas für die Demokratie fordert, möglichst über alle Religionen hinweg.

Denn die Gottheit ist nicht die Brandmauer, die uns vor unserem Versagen schützt, sondern sie geht mit uns als Partner/in ins Ungewisse. Dieses tröstet und macht Mut, doch mahnt diese evolutionäre Kraft auch. Die Zukunft ist also offen, im radikalen Sinne.

Die Gottheit hilft unsere Herausforderungen zu meistern, sie schont uns jedoch nicht vor Dummheit, Gier und Verantwortungslosigkeit.

4 Gedanken zu „Einstieg“

  1. Moin Martin [und Hans-Joachim],
    ich habe gerade Dein/Euer Buch bestellt und bin sehr neugierig, darin zu lesen. Mit Dir, Martin, habe ich über die Jahre immer mal wieder, in Höhen und Tiefen gesellschaftlicher und persönlicher Entwicklungen über Gott und die Welt und politisches/revolutionäres Handeln diskutiert. Jetzt bin ich gespannt, wo und wie ich unsere Diskussionen und Erkenntnisse in dem Buch wiederfinde und wo sie weiterentwickelt wurden.
    Lieben Gruß und Veneremos 🙂 Michael

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  2. Hier mit freundlicher Genehmigung der Kommentar von Uwe Wiarda:

    Die verzweifelte Hoffnung
    oder der Wille zur Veränderung.

    Zu diesem Titel legen Martin A. Refle und Haus-Joachim Günth. er ein bemerkenswertes Buch vor.
    Bemerkenswert, was den Inhalt betrifft und ebenso auch die Form.
    Stehen im ersten Teil eine Analyse der gegenwärtigen geopolitischen Situation im Fokus, so könnte der 2. Teil als Meditation oder auch Gebet verstanden werden. In allem geht es um die Frage nach Hoffnung in dieser Zeit.
    Keinen Zweifel lassen die Autoren an ihrer Einschätzung, dass sich die Weltlage in einem sehr kritischen Zustand befindet. So sehr sie an ihrer Hoffnung festhalten möchten – das Wissen um die globalen Zerstörungen und Tod bringenden Entwicklungen macht es ihnen schwer, an eine gute Entwicklung zu glauben. Bei dieser entmutigenden Analyse bleiben sie jedoch nicht stehen.
    Ihre christliche Prägung führt sie zu der Frage, ob und wie der Glaube angesichts dieser Herausforderungen eine Hilfe sein kann. Es geht direkt um die Frage nach Gott und nach einer begründeten Hoffnung inmitten der sich vermehrenden und verschlimmernden Krisen.

    Die Verbindung von Weltsicht und Glaube macht das Buch interessant. Anspruchsvoll und klug sind die Gedanken, reichhaltig die Zitate großer Denker/innen. Der Leser wird mitgenommen auf eine Achterbahnfahrt durch die abendländische Philosophie – und Theologiegeschichte.
    So gerne die Autoren an der Tradition und der Geborgenheit gelebter Frömmigkeit festhalten möchten, so erleben sie schmerzhaft, wie sehr sich ihr – bisheriger traditioneller – Glaube am Weltgeschehen reibt und der Widerspruch unüberwindbar zu sein scheint.

    In der Analyse der aktuellen Probleme kann ich den Autoren gut folgen. Die Gegensätze von arm und reich, die Kritik an einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, das die Reichen belohnt und die Armen immer weiter in eine trostlose Existenz stößt, werden deutlich und klar verurteilt.
    Die Beispiele und Hinweise wollen die Leser wachrütteln. Es ist höchste Zeit für Veränderungen, höchste Zeit für die Tat. Schon jetzt sind die Folgen der globalen Klimaveränderung verheerend und machen die Notwendigkeit zum Handeln zwingend. Geworben wird für die Einsicht, die Vernunft und den Gebrauch des Verstandes.
    Dem ebenfalls hier vertretenen strikten Pazifismus begegne ich mit großer Sympathie. Natürlich möchte auch ich keine Waffen mehr. Es stimmt, dass jetzt für die Rüstung ausgegebene Geld wird an anderen Stellen dringend benötigt. Schaue ich mir allerdings die aktuellen Konflikte in der Ukraine oder in Israel/Palästina an, gerate ich in ein ethisches Dilemma. Ich akzeptiere die Entscheidung der Ukrainer, die sich für die Verteidigung ihres Landes entschieden haben. Sie bitten uns um Hilfe – auch um Waffen. Können wir dann sagen: Wir helfen euch nicht? –
    Und dann jetzt eben auch die Situation in Israel und Palästina. Die Hamas strebt die Vernichtung Israels an. Unabhängig davon, wie falsch und verwerflich das jeweilige Tun der Kontrahenten sein mag. Israel kann sich in diesem Konflikt keinen Pazifismus leisten, wenn es nicht gänzlich unter gehen will.
    Nach dem einleitenden Teil folgt ein langer und ausführlicher Dialog von Nikodemus und der Gottheit. Der Name Nikodemus ist gut gewählt, steht Nikodemus doch exemplarisch für den die Wahrheit und Gott suchenden Menschen. In diesem Gespräch wird gerade vor dem Hintergrund der anwachsenden Weltprobleme eine eigenständige Theologie entwickelt, die den Bruch mit der traditionellen christlichen Theologie nicht scheut.
    Es geht um eine universale Gottheit, die mit dem Menschen und für den Menschen lebt und wirkt. Diese Gottheit wird als lebendiges mitfühlendes Gegenüber gesehen. Gottheit und Menschheit sind beide Teil des evolutionären Schöpfungsprozesses mit offenem Ausgang.
    Das bedeutet, dem Menschen wird viel zugetraut. Sein Handeln bestimmt entscheidend den weiteren Weltprozess. So muss der Mensch Verantwortung für diese Welt übernehmen. Das führt zu entsprechenden ethischen Appellen. Die dafür verwendeten Bilder – so etwa das Bild vom Gleisbau – erweisen sich dabei als hilfreich. Es geht um das Vertrauen in die Gottheit und darum, die universellen Werte zu erkennen und zu leben. Die Gottheit ist zwar nicht allmächtig, hilft aber dem Menschen mit ihrer Mut machenden und Hoffnung gebenden Kraft.
    Was mir gefällt ist die Offenheit der Gedanken. Hier wird tief geschürft und das Material, mit dem dann auch viel Neues zu Papier gebracht wird, macht die Lektüre sehr lohnend.
    Abgesehen von meiner Unsicherheit hinsichtlich des kompromisslosen Pazifismus hadere ich ein wenig mit der Gesprächskonstellation. So sehr die traditionellen Gottesbilder in Frage gestellt werden und so sehr hervorgehoben wird, dass auch für die universelle Gottheit in kein Bild passt, so vermittelt das Gespräch doch die Vorstellung einer allwissenden Gottheit, die auf alles eine Antwort hat. Damit wird hier der Gedanke einer Partnerschaft von Gottheit und Menschheit durch die Allwissenheit der Gottheit unterlaufen. Auch ist zu fragen, ob die zur Diskussion einladende Offenheit dieses Buches hier nicht eingeengt wird. Mit einer Gottheit, die so viel Autorität ausstrahlt, wird ein Gespräch auf Augenhöhe nicht wirklich vorstellbar.
    Gebe ich diese Punkte zu bedenken, dann natürlich auch mit dem Wissen, dass hinter dieser Konstellation (Gottheit – Nikodemus) sehr viele persönlich gemachte Erfahrungen stehen.
    Das wiederum setzt der Kritik an diesem Punkt enge Grenzen. Der/die Verfasser entwickeln ja nicht nur eine Theorie über einen Glauben jenseits traditioneller Religionen. Es geht um biographische existentielle Erfahrungen eben mit dieser Gottheit, deren Bezug zum Gott der Christ/innen allerdings immer – auch durch die Abgrenzungen – erkennbar bleibt.
    Es ist mutig und auch tröstlich, dass sich hier Menschen zu Wort melden, die an der Welt schier verzweifeln, keine Hilfe mehr in den traditionellen Antworten der Religionen finden dennoch nicht aufgeben und in der Auseinandersetzung mit der Gottheit Hoffnung finden.
    Vielleicht – gerade weil auch sehr viele biographische Andeutungen gemacht werden – wäre es für Außenstehende sehr hilfreich, wenn die beiden Autoren deutlich gemacht hätten, wer was zu diesem Buch beigetragen hat.
    Fazit: Hinter diesem Buch steckt nicht nur unheimlich viel Fleiß… – Es ist vielmehr eine fundamentale Sicht auf das Leben, so wie es die Autoren erleben. Sie suchen Antworten und Lösungen für die gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen.
    Ihre Enttäuschungen über die gesellschaftlichen Verwerfungen werden noch verstärkt durch die unzureichende Orientierung durch die traditionellen Religionen. Dass die Autoren dennoch nicht aufgeben und der Resignation den Kampf ansagen, dass sie verzweifelt hoffen wollen, das ehrt sie sehr. Sie zeigen einen Weg auf, wie das gehen kann…. –
    Und solche Wege brauchen wir…

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  3. Als Antwort auf den Kommentar von Uwe Wiarda.

    Vielen Dank für deinen fruchtbaren und gut durchdachten Kommentar. Wir haben uns sehr gefreut. Er hat uns aufgezeigt, wo unser Buch noch Erklärungsbedarf offen lässt.
    Da ist vor allem der Eindruck, wir vertreten einen strikten Pazifismus. Wir möchten zur Klarstellung erläutern, wir vertreten keinen naiven, strikten Pazifismus, sondern einen pragmatischen.
    Jeder Mensch und auch jede Nation hat das Recht zur Selbstverteidigung. Doch grundsätzlich und unmissverständlich stehen wir zu unserer These, Gewalt sollte grundsätzlich nicht mit Gewalt beantwortet werden. Hier sind Christen besonders gefragt, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen. Diese Stimmen der Mahnung, zumindest in den jetzigen Krisen der Ukraine und Palästina, sind nicht ausreichend vorhanden und zu hören. Wir glauben nicht an die Befreiung durch Waffengewalt! Zumal die Herausforderungen, vor denen die Weltgemeinschaft steht, Kooperationen und noch einmal Kooperationen über alle Grenzen hinweg verlangen.

    Mit brüderlichem Gruß

    Achim und Martin

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